Innovation trifft Alltag: Mein Test des Bezahlrings

Spät am Montagabend an der Rewe-Kasse: Zum ersten Mal zahlt unser Autor Clas Beese mit einem Bezahlring. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten und neugierigen Blicken der Kassiererin klappt es schließlich. Sein Testbericht teilt Erfahrungen und Erkenntnisse der ersten Wochen mit diesem innovativen Zahlungsmittel – von der Einrichtung über die Alltagstauglichkeit bis hin zu einem überraschenden Zwischenfall. Erfahrt, wie der Bezahlring den Komfort beim Bezahlen erweitert und neben Karte und Smartphone eine praktische Ergänzung im Alltag darstellt.

Nervenkitzel: Das erstes Mal mit dem Bezahlring

Spät am Montagabend stehe ich an der Kasse bei Rewe. Noch eben auf dem Heimweg ein paar Kleinigkeiten einkaufen. Gleich ist es soweit: mein erstes Mal – einkaufen mit dem Bezahlring. Meine Waren werden gescannt. „Mit Karte bitte!“, sage ich noch, und schon ist das Bezahlterminal bereit. Ich halte meine Faust – mit Ring – dagegen, und es passiert… nichts!

Innerhalb kürzester Zeit schießen mir Gedanken durch den Kopf: 

Come on! Come on! Na los! Wie herum soll ich den Ring jetzt halten? Irgendwo stand was von 90-Grad-Winkel. Aber welche 90 Grad denn? 90 Grad wozu? So ein Ring hat doch kein unten oder oben!

Ich fummle ein bisschen herum und dann macht es doch pling – der wohlbekannte Ton, der anzeigt, dass die Bezahlung geklappt hat. Das waren nur zwei oder drei Sekunden, die sich anfühlten wie eine Ewigkeit. Offenbar macht mich die Schlange hinter mir doch nervöser, als ich von mir selbst dachte. Interessante Erkenntnis. Kein Wunder, dass sich viele Menschen so schwer tun, mit Karten zu bezahlen. Der soziale Druck – selbst wenn er nur subjektiv empfunden ist – kann schon enorm sein.

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Für diesen Beitrag teste ich einen Bezahlring von Pagopace, einem Stat-Up aus Köln. Als eines der wenigen Fintech-Startups hat es das Unternehmen in die TV-Show „Die Höhle der Löwen“ geschafft und ist somit auch außerhalb der Finanz-Bubble bekannt geworden. Die drei Gründer haben einen Bezahlring entwickelt, mit dem Nutzer:innen bargeldlos bezahlen können – und zwar überall dort, wo kontaktlose Kreditkartenzahlungen akzeptiert werden. Quasi die Kontaktlosfunktion der Bezahlkarte, eingebaut in einen Ring. Vielleicht vergleichbar mit Apple Pay oder Google Pay, nur dass der Ring keinen Akku hat und entsprechend nicht ausfallen kann.

Nachdem ich das erste Mal gezahlt hatte, war ich bei den folgenden Malen nicht mehr nervös. Das Schulungsvideo vom Hersteller habe ich mir dann doch noch angeschaut und die korrekte Haltung beim Bezahlen gelernt. Während ich bei kontaktlosen Bezahlkarten intuitiv alles richtig gemacht habe – nämlich die Karte flach aufzulegen oder dagegen zu halten – ist der Ring tatsächlich nicht intuitiv. Instinktiv mache ich eine Faust und halte sie gegen das Lesegerät – genau der falsche Winkel.

Zwischenfazit : Eine Woche vorgespult

Look & Feel: Ein weiterer Ring an meiner Hand fällt nicht auf. Ich habe ihn sieben Tage lang getragen, ohne darauf angesprochen zu werden – außer von meiner siebenjährigen Tochter, die ihn auch mal ausprobieren wollte. „Viel zu groß für mich, Papa!“, stellte sie fest und damit war die Sache für sie erledigt. Der Ring ist da und stört nur manchmal, wenn ich schwer trage. Er ist dicker als mein Ehering, an den ich mich so sehr gewöhnt habe, dass ich ihn kaum noch wahrnehme. Beim Bezahlring ist das noch nicht der Fall.

Funktioniert der Ring im Alltag?
Absolut! Ich habe damit in der ersten Woche mehrere Transaktionen durchgeführt. Fast alle haben reibungslos funktioniert. Nur eine Zahlung wurde verweigert, als ich im Supermarkt zusätzlich Geld abheben wollte.
Ist das eine EC-Karte?“, fragte die Kassiererin, nachdem die Transaktion abgelehnt worden war.
Stimmt, Bargeldabhebungen sind nur mit Girokarten möglich, auf dem Ring war nur eine Kreditkarte hinterlegt. Zum Glück hatte ich noch eine physische Girokarte als Backup dabei. Alle weiteren Zahlungen haben problemlos geklappt.

 

Kann ich meine Girokarte hinterlegen?
Das gehe noch nicht, erklärt mir Lukas Schmitz, Gründer und Geschäftsführer von Pagopace, dem Hersteller des getesteten Rings. Dafür wäre noch einiges an Arbeit erforderlich, sowohl an der Software hinter dem Ring als auch an der in den Ring integrierten Hardware. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden.

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Der Bezahlring und wie er funktioniert

Getestet habe ich das Modell „Oak Brown Pago“ in Größe 12. Der Bestellprozess auf der Website war sehr durchdacht: Da ich meine Ringgröße nicht kannte, schickte mir Pagopace vorab ein Set mit einer Ringschablone zu. So konnte ich die passende Größe nicht nur kurzfristig wie beim Juwelier testen, sondern tatsächlich probetragen. Nach 24 Stunden entschied ich mich für eine Größe und bestellte den eigentlichen Ring, der auch prompt per Paket geliefert wurde – eine E-Commerce-Erfahrung, wie sie im Buche steht.

 

Das Einrichten des Rings für die Zahlungsfunktion verlief bei mir reibungslos. Dank einer eigenen App war der Prozess schnell und unkompliziert. Wie immer beim bargeldlosen Bezahlen sind mehrere Parteien in den Bezahlprozess involviert:

  • Die Bank, die das Konto führt, in diesem Fall die Comdirect.
  • Eine Kreditkarte von einem der großen Netzwerke, hier Visa.
  • Ein Service Provider für die Tokenisierung, in diesem Fall Fidesmo.
  • Der Anbieter des Rings, also Pagopace.

 

Funktioniert der Ring mit jeder Bank?

Ich hatte das Glück, ihn mit einer Bezahlkarte der Comdirect auszuprobieren, da Comdirect und Fidesmo miteinander verknüpft sind. Das ist jedoch nicht bei jeder Bank der Fall. Für solche Fälle hat Pagopace eine Lösung entwickelt: Nutzer:innen können das Fintech Curve zwischenschalten und so ihre Master- oder Visa-Karte verknüpfen. Für diejenigen, die keine Kreditkarte haben oder ihre Kreditkarte nicht verknüpfen möchten, gibt es noch einen weiteren Weg über das Fintech Vimpay. In diesem Fall wird eine Prepaid-Kreditkarte erstellt und mit dem Ring verknüpft. Einige Nutzer:innen schätzen dies als zusätzliches Sicherheitsmerkmal, da die gezahlten Beträge nicht direkt vom Konto abgebucht werden. Der Nachteil ist, dass die Prepaid-Karte regelmäßig aufgeladen werden muss und an der Kasse nur das Guthaben auf der Prepaid-Karte zur Verfügung steht.

Wild! Heftig! Krass! - Reaktionen auf das Bezahlen mit dem Ring

Sorgt der Bezahlring für Aufsehen?
Ja, immer wieder in vielleicht zwei von zehn Fällen. Ich habe dieses Gadget im Sommer 2024 vor allem in meiner Nachbarschaft in Hamburg getestet. In der Hektik an der Supermarktkasse beeindruckt der Bezahlring nur wenige Verkäufer:innen.

Beim Bäcker an der Ecke sorgte der Ring jedoch für Aufmerksamkeit. „Wow, ein Ring? Das habe ich ja noch nie gesehen!“, rief die Backwarenverkäuferin aus, als ich kurz vor Feierabend noch ein Brot fürs Abendessen kaufte.
Oder die Kellnerin in einer Bar an einem lauen Sommerabend, die kommentierte: „Hast du das im Ring? Das ist ja wild!“ Und auch der Mitarbeiter im Grillimbiss war erstaunt, als er ausrief: „Ist ja krass!“, während er meinen Dürüm aufrollte.

Das Bezahlen per Ring oder andere Wearables scheint noch nicht ganz in der Masse angekommen zu sein. Doch herauszustechen, ist gar nicht meine Intention beim Bezahlen mit dem Ring. Vielmehr geht es mir darum, meinen Alltag zu erleichtern.

Preisfrage: Rechtfertigt der Preis den Komfortgewinn?

Ich habe mich schnell an den Ring gewöhnt. In der zweiten Woche nehme ich das Schmuckstück nachts nicht mehr ab und erwische mich selbst dabei, wie ich automatisch die rechte Hand an das Bezahlterminal halte. Doch dann passiert: Nichts. Rechts trage ich den Ehering, links den Bezahlring. „Wow, das ging schnell“, denke ich darüber nach, wie sehr ich mich an den Ring gewöhnt habe.

Aber lohnt sich der Gewinn an Komfort? Natürlich kostet der Ring Geld, je nach Version zwischen 120 und 200 Euro, abhängig vom Material. Ich teste den Ring aus Holz für 120 Euro und hadere auch am Ende noch, ob der Komfortgewinn diesen Preis wert ist. Das ist eine beachtliche Summe, besonders wenn Alternativen wie Karten oder Mobile Payment zunächst nichts kosten.

Was mir außerdem fehlt, ist der Überblick über meine Zahlungen mit dem Ring. Ich möchte wissen, was ich wann und wo bezahlt habe. Als Nutzer von Apple Pay bin ich solche Informationen gewohnt, doch in der App von Pagopace sind sie nicht verfügbar. Ich muss in meiner Banking-App nachsehen, wo meine Ring-Transaktionen nicht als solche erkennbar sind. 

Ring kaputt: Eigenes Verschulden oder Garantiefall?

Und dann wird es gegen Ende des Testzeitraums tatsächlich noch einmal ernst:
Am Wochenende arbeite ich einige Stunden körperlich an der Sanierung unseres Hauses. Als ich die Arbeitshandschuhe ausziehe, sehe ich es: Der Ring ist zerbrochen. Hatte ich in den letzten Wochen den Ring immer vorher abgenommen, habe ich es heute vergessen. Mist – das Ding ist kaputt und die NFC-Antenne deutlich zu sehen. Eigenes Verschulden oder Garantiefall?

Ein wenig schäme ich mich noch für meine eigene Dusseligkeit, den Ring kaputt gemacht zu haben. Ob Pagopace wohl so kulant wie Amazon sein wird? Das will ich wissen und durchsuche die Website des Unternehmens. Ich werde doch wohl nicht der Erste sein, dem der Ring kaputt geht.
Und tatsächlich: In den FAQs finde ich einen Hinweis zur Reklamation. Ich soll mich mit einem Foto des beschädigten Rings melden. Zudem steht dort der Hinweis, dass ich meinen Ring besonders vorsichtig behandeln soll, da er aus Holz ist.

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Ab jetzt wird es mühsam:
Ich nehme Kontakt zum Support auf, soll den Ring zurückschicken, was ich tue. Dort kann mir der Ring, bzw. dessen Reste, aber nicht zugeordnet werden. Erst auf meine Nachfrage wird nachgeforscht. Leider passiert dann wieder nichts, obwohl die Ringreste mir zugeordnet werden konnten. Ob ich nun einen neuen Ring bekomme oder nicht, ist zum Ende des Tests leider immer noch nicht klar. Die Antworten auf meine Mails lassen auf sich warten, der Live-Chat ist nicht besetzt und eine Telefonnummer gibt es nicht. Das ärgert mich. Und auch, dass ich der Sache nun hinterherrennen muss.
Ende offen...

Fazit nach vier Wochen

Bezahlen mit dem Ring ist bequem. Bequemer als mit dem Handy (Nachteil: herausholen, entsperren mit PIN, Fingerabdruck oder Gesichtserkennung, Knopf drücken). Bequemer als eine Bezahlkarte (Portemonnaie herausholen, richtige Karte raussuchen, wieder wegpacken) und noch viel bequemer als Bargeld (Portemonnaie herausholen, berechnen welche Scheine und Münzen benötigt werden, mit Verkäufer:innen kommunizieren, Wechselgeld entgegennehmen, nachzählen, nachrechnen, wegstecken und dabei zwischen Münzen und Scheinen unterscheiden). Fazit: Bezahlen mit dem Ring ist nicht nur bequemer, es ist erheblich bequemer.

 

Lohnt sich die Investition in einen Ring für den Zugewinn an Bequemlichkeit? Bei den aktuellen Verkaufspreisen muss man tatsächlich von einer Investition sprechen. Für mich selbst bin ich nach dem Test immer noch unentschlossen. Allerdings habe ich mich enorm schnell an die Bequemlichkeit gewöhnt.

 

„Convenience is King!“ heißt es oft. Und Menschen tun sehr viel für Bequemlichkeit, manchmal erstaunlich viel. Sich einen Bezahlring anzuschaffen, ist ein Puzzlestück in unserem Streben nach Bequemlichkeit. Nach vier Wochen Test habe ich verstanden, wie viel bequemer Bezahlen sein kann. Auch wenn ich mich einst an Bargeld, später an Kartenzahlungen oder zuletzt an Mobile Payment gewöhnt hatte. Ich bin mir sicher, Bequemlichkeit wird sich wahrscheinlich durchsetzen. Und mehr Nachfrage nach Bezahlringen wird weitere Anbieter auf den Plan rufen. Die Preise werden sinken und für weitere Nachfrage sorgen. Wäre ich Investor in der „Höhle der Löwen“ gewesen, ich hätte investiert!

 

Krass! Moment mal! Was war das denn? Ring oder Chip?“, fragte dann doch ein Verkäufer beim Bäcker meines Vertrauens und wirkte etwas enttäuscht, dass es doch nur ein Ring war und kein Bezahlchip unter der Haut meiner Hand. Vielleicht das Zahlungsmittel für meinen nächsten Test, für noch mehr Bequemlichkeit? Ich bin skeptisch, ob ich Payment wirklich so weit unter die Haut gehen lassen will. Der Ring aber, der war bequem.


Autor

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Clas Beese
Freier Journalist & Content Creator für Fintech

 

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